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Fachartikel: Es geht um die Menschen

Wie Employee Assistance Programs (EAP) Unternehmen helfen, sozial nachhaltig zu werden

Durch eine neue Richtlinie der Europäischen Union sind große Unternehmen zu einer zunehmend umfangreicheren Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet. Lag der Fokus hier in den vergangenen Jahren stark auf den Themen Umwelt und Governance, so erfährt nun auch die soziale Nachhaltigkeit deutliche Aufmerksamkeit. Unabhängig von rechtlichen Vorgaben setzen sich gleichzeitig immer mehr Unternehmen aller Größen freiwillig soziale Nachhaltigkeitsziele. Laut dem Monitor des deutschen Start-up-Verbands für 2022 verstehen sich 40 Prozent aller Neugründungen in Deutschland als gemeinwohlorientiert und damit sogar noch mehr als sozial nachhaltig. Sozial nachhaltige und gemeinwohlorientierte Unternehmen nehmen neben wirtschaftlichen Ergebnissen gezielt die Menschen und ihr Wohlergehen in den Blick. Employee Assistance Programs (EAP) können für Unternehmen ein zentraler Baustein sein, um sozial nachhaltig zu werden.

Was genau bedeutet eigentlich die viel zitierte „soziale Nachhaltigkeit“? Eine von allen anerkannte Definition gibt es bislang nicht. Nach einer einfachen Auslegung heißt soziale Nachhaltigkeit, dass Menschen auf Dauer gut leben können. Für Unternehmen bedeutet dies, sich das Wohlergehen von Menschen zum Ziel zu setzen. Das betrifft die eigenen Beschäftigten ebenso wie sämtliche Stakeholder und letztlich die Gesellschaft. Die Bundeszentrale für politische Bildung nennt eine Organisation sozial nachhaltig, wenn sie ebenso auf Menschen wie die Sicherung ihres Fortbestands ausgerichtet ist.

Nach dem bekannten Modell der „Triple Bottom Line“ gliedert sich Nachhaltigkeit in drei Teilbereiche: Schutz und Erhaltung von Natur und Umwelt, verantwortungsvolles Wirtschaften sowie Förderung der gesellschaftlichen Entwicklung und des Wohlergehens der Menschen. Soziale Nachhaltigkeit ist also eine von drei gleichwertigen Säulen, die alle miteinander zusammenhängen. Nachhaltige Unternehmen werden sämtlichen drei Aspekten gleichermaßen gerecht.

Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen als Kompass

Doch was bedeutet dies konkret? Welche Kriterien können Unternehmen heranziehen, um ihren Fortschritt auf dem Weg zu einer ökologischen, menschenorientierten und am Gemeinwohl ausgerichteten Organisation zu messen? Als ein geeignetes Framework bieten sich hier die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen an. Diese wurden im Nachgang der Konferenz über nachhaltige Entwicklung in Rio de Janeiro ausformuliert. Am 1. Januar 2016 traten die 17 SDGs (so abgekürzt nach ihrem englischen Namen „Sustainable Development Goals“) in Kraft.

Dies sind sämtliche 17 SDGs der Vereinten Nationen in Stichworten:

1. Armut in sämtlichen Formen und überall beenden

2. Kein Hunger, bessere Ernährung und nachhaltige Landwirtschaft

3. Gesundheit und Wohlergehen für alle Menschen jeden Alters

4.     Inklusive, gerechte, hochwertige Bildung und lebenslanges Lernen

5. Gleichstellung der Geschlechter

6.     Sauberes Wasser und hygienische Sanitär-Einrichtungen

7.     Bezahlbare und saubere Energie für alle

8.     Menschenwürdige Arbeit, nachhaltige Wirtschaft und Vollbeschäftigung

9.     Resiliente Industrie und Infrastruktur sowie „grüne“ Innovationen

10. Weniger Ungleichheiten in und zwischen Ländern

11. Nachhaltige Städte und Gemeinden

12. Nachhaltige Produktion und nachhaltiger Konsum

13. Maßnahmen zum Klimaschutz

14. Bewahrung und nachhaltige Nutzung der Meere

15. Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern

16. Frieden, Gerechtigkeit, starke Institutionen und inklusive Gesellschaften

17. Partnerschaften zur Erreichung der genannten Ziele

Nicht alle 17 SDGs betreffen jedes Unternehmen. Einige Ziele sind mehr für bestimmte Branchen relevant, etwa Landwirtschaft oder Energie. Doch zur Erreichung der meisten Nachhaltigkeitsziele kann so gut wie jedes Unternehmen durch seine Organisation, seine Kultur und seine Art des Wirtschaftens einen substanziellen Beitrag leisten.

Wie EAP auf die SDGs der Vereinten Nationen einzahlt

Die Vereinten Nationen setzen Gesundheit und Wohlergehen für alle Menschen an die dritte Stelle der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG 3). Vor allem hier bieten Employee Assistance Programs (EAP) Unternehmen eine konkrete Möglichkeit, Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Ein EAP macht den Beschäftigten immer wieder Angebote, die ihnen das Leben erleichtern und sie befähigen, schwierige Situationen zu meistern.

Typische Leistungen innerhalb eines EAP verbessern zum Beispiel die Vereinbarkeit von Kindererziehung und Beruf, helfen bei einem plötzlichen Pflegefall in der Familie oder machen ein niedrigschwelliges Angebot, wenn es einmal Konflikte am Arbeitsplatz gibt. Auch bei Suchtproblemen, in Trauerprozessen oder im Fall von Überschuldung erhalten Menschen durch EAP schnell und unkompliziert Hilfe – nicht allein die Beschäftigten selbst, sondern auch ihre An- und Zugehörigen.

Auch bei der Gleichstellung der Geschlechter (SDG 5), greift ein EAP. Wenn für die Themen Kinderbetreuung oder Pflege gut gesorgt ist, müssen Frauen deswegen nicht länger auf ihr berufliches Fortkommen verzichten. Gleichzeitig wird eine durchgängige Beschäftigung möglich, was Altersarmut bei Frauen vorbeugt (SDG 1). EAP-Dienstleister helfen Unternehmen häufig auch bei Projekten und Initiativen für die volle Integration von Menschen mit Fluchthintergrund oder die Gleichstellung von Angehörigen der LGBT-Community. Das trägt zum Abbau sozialer Ungleichheiten (SDG 10) und zu inklusiven und gerechten Gesellschaften (SDG 16) bei.

EAP-Leistungen und ihr Impact im Sinne sozialer Nachhaltigkeit

Betrachtet man Employee Assistance Programs in ihrem gesamten Spektrum, so bringen diese einerseits ein Unternehmen selbst einen großen Schritt weiter auf dem Weg zur sozial nachhaltigen Organisation. Gleichzeitig leisten sie einen wertvollen gesamtgesellschaftlichen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung.

Hier noch einige Beispiele für Leistungen im Rahmen von EAP und ihren Impact im Sinne sozialer Nachhaltigkeit:

· Passgenaues Arrangement für die Kinderbetreuung, einschließlich Notfallbetreuung und Beschäftigung während der Ferien: Eltern werden durch EAP umfassend entlastet. Stress wird reduziert, Kinder wachsen in einem harmonischen und ihren Bedürfnissen gerechten Umfeld auf.

· Finden von geeigneten Lösungen für die häusliche Pflege: Millionen Privatpersonen in Deutschland kümmern sich um pflegebedürftige An- und Zugehörige. Etwa zwei Drittel davon sind berufstätig. EAP tragen dazu bei, Pflege und Beruf miteinander zu vereinbaren. Hiervon profitiert die gesamte Gesellschaft.

· Niedrigschwellige Angebote bei Lebenskrisen und psychischen Belastungen: Durch ein Lebenslagencoaching kommen Menschen in einer Krise schnell wieder in Balance. EAP tragen auch hier dazu bei, dass psychische Gesundheit und Wohlbefinden von Menschen erhalten bleiben.

· Haushaltsnahe Dienstleistungen: Unterstützung bei der Pflege der Wohnung, beim Einkaufen, bei der Gartenpflege oder der Versorgung eines Haustiers entlastet Menschen ganz konkret – vor allem in schwierigen Lebenssituationen, wenn z. B. der Partner, die Partnerin oder ein Kind schwer erkrankt ist.

Soziale Nachhaltigkeit erschöpft sich gleichwohl nicht in Einzelmaßnahmen. Nachhaltigkeit ist auch eine Haltung.

Langfristig denken und am Ende umso mehr profitieren

Die bewusste und konsequente Orientierung an sozialer Nachhaltigkeit sorgt in vielen Unternehmen schrittweise für einen kulturellen Wandel, der sich auf vielen Ebenen auswirkt. Es geht um die Haltung zu Menschen. Soziale Nachhaltigkeit anzustreben, kann manchmal bedeuten, auf kurzfristige Vorteile oder Gewinne zu verzichten, um dafür langfristig umso mehr zu profitieren und als Organisation resilienter zu werden. Das Bemühen um Gleichstellung der Geschlechter zum Beispiel bringt auch mehr weibliche Führungstalente hervor. Inklusion von Menschen mit Fluchthintergrund kann kurzfristig herausfordernd sein, sichert dafür aber langfristig Fachkräfte. Das Wohlergehen der Beschäftigten ist eine der besten Investitionen in die Zukunft.

Fazit

Große Organisationen müssen sich jetzt zunehmend mit sozialer Nachhaltigkeit befassen, während viele Unternehmen aller Größen sie sich bereits freiwillig zum Ziel setzen. Soziale Nachhaltigkeit ist Teil einer strategischen Ausrichtung auf Langfristigkeit. Sie rückt das Wohlergehen von Menschen stärker in den Blickpunkt wirtschaftlichen Handelns. Davon profitieren letztlich alle: die Beschäftigten mit ihren Familien, die Unternehmen und die gesamte Gesellschaft. Employee Assistance Programs sind eine hervorragende Möglichkeit, soziale Nachhaltigkeit konkret zu machen. Nicht allein, um in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu glänzen. Sondern vor allem, um die wertvollste Ressource des Unternehmens und den Schlüssel zu seinem Erfolg zu fördern: die Menschen. Wer unterstützt wird und sich wohlfühlt, der bleibt umso lieber im Unternehmen. Es ist ein Geben und wieder Zurückgeben

Mehr zum Thema findet sich in meinem neuen Buch „Engagierte Mitarbeitende mit EAP: Wie Employee Assistance Programs Beschäftigte effektiv binden“. Erschienen im Wiley-Verlag, 2024. 242 Seiten, gebunden, 29,99 €